Ohrdruf – ein Fass ohne Boden

PlakatWir werden bis zur Demo am Samstag, jeden Tag einen kurzen Artikel über die Situation der Geflüchteten im Landkreis Gotha, so wie unseren Forderungen publizieren.

Seit einiger Zeit sind in Ohrdruf (Landkreis Gotha) Geflüchtete in der ehemaligen Bundeswehrkaserne, auf dem ehemaligen „Truppenübungsplatz“, untergebracht. Dass ein Großteil der ortsansässigen Bevölkerung, zumindest latent, rechte Einstellungen hat, und die Naziszene seit den späten 90ern dort einen Anlaufpunkt bietet, ist bekannt. Die neuesten Entwicklungen in Ohrdruf, lassen einem den Atem vor Wut jedoch stocken. Es ist die Mischung aus institutionalisiertem Rassismus, einer zutiefst feindlichen Bevölkerung und den traurig dramatischen Bedingungen in der Erstaufnahmestelle.
Als im August diesen Jahres die ersten Geflüchteten in der Bundeswehrkaserne ankamen gründete sich fast Zeitgleich die ältere Gruppe “Pro Ohrdruf” neu. Initiiert wird sie von Eike Stegmann und weiteren bekannten Gesichtern aus der Naziszene in Ohrdruf. Die Panik der Eingeborenen aus Ohrdrufer steigerte sich ins Unermessliche. Seitdem können Geflüchtete in Ohrdruf kaum einen Fuß vor die Tür setzen, ohne dabei von den Mitgliedern der Gruppe “Pro Ohrdruf” fotografiert, denunziert oder überwacht zu werden. Alles Schlechte in dieser Stadt wird a priori den Geflüchteten in die Schuhe geschoben. Aus diesem Anlass gründete sich eine “Bürgerwehr”. Ganz nach dem Prinzip “Wir werden euch hier schon weg ekeln!”, soll für Ordnung gesorgt werden.

Nicht nur die Lage der “besorgten Bürger” (Rassisten) sorgt für die Unerträglichkeit der Situation in Ohrdruf – es ist die Erstaufnahmestelle selbst. Seit Wochen wird die Verpflegung der Geflüchteten immer schlechter. Es gibt meistens nur Suppe (ohne Brot), Kartoffeln mit Soße oder Brei. Die Art des Essens ist ein menschenverachtender deutscher Witz. Dazu kommt, dass die Geflüchteten nicht einmal davon genug bekommen und müssen teilweise hungern. In Ohrdruf hat die Zahl 4, welche in letzter Zeit des Öfteren als Abkürzung für „Deutschland den Deutschen“ herhalten muss, eine ähnliche Bedeutung: der Arzt kommt nur alle vier Wochen und dann werden nur vier Menschen behandelt. Vier Personen in vier Wochen. Nochmal angemerkt: dort leben momentan mehrere hundert Menschen. Die Zeiten in denen in Deutschland niemand mehr an einer Grippe sterben musste sind somit offiziell von den Verantwortlichen als „das war einmal“ abgestempelt worden. Hinzu kommt erschwerend noch, dass es in der Erstaufnahmestelle keine Möglichkeit gibt Wäsche zu waschen. Die Geflüchteten sind gezwungen ihre Klamotten mit der Hand zu waschen und sie irgendwo aufzuhängen. Genau hier verbirgt sich das nächste Problem: Geld zum Waschmittel kaufen, haben sie momentan ebenfalls nicht. Die Geldausgabe der dürftigen 135€ pro Monat, wurde diesen Monat schon mehrfach nach hinten verschoben und ist zum jetzigen Stand noch nicht erfolgt.

Damit nicht genug: die Securitys der Firma Distelkam aus Chemnitz erfüllen so ziemlich jedes Klischee von vermeintlichen Machtpersonen. Wenn sie nicht gerade Nachts in der Erstaufnahmestelle Partys feiern, verbreiten sie Angst und Schrecken unter den Geflüchteten. Wenn sich jemand über die schlechte Situation oder die nächtliche, laute Musik der Securitys beschwert, entgegnen diese mit Sprüchen, wie z.B.: “wir können euch auch abschieben”. Unter den Geflüchteten schaffen diese Aussagen eine Situation der Angst vor Repression oder Abschiebung. Sie sind diesen Leuten schutzlos ausgeliefert. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Menschen die vor Krieg, religiöser Verfolgung, Elend und Patriarchat geflohen sind, im reichen Europa und in diesem Fall ganz speziell in Ohrdruf, behandelt werden wie Ratten in Löchern voller Scheiße. Eine unzumutbare, unmenschliche, nicht verständliche und zutiefst traurige Situation die nicht hinnehmbar ist.

Wir fordern schnellstens die Bedingungen zu verbessern und eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen.

ohrdrufrefugees1Geflüchtete werden auf Schritt und Tritt mit der Kamera verfolgt, natürlich immer als Selfie oder aus dem Busch, versteht sich.