Wie der Infoladen Gotha bereits im Oktober berichtete sind die Gegebenheiten für Geflüchtete in Ohrdruf alles andere als rosig. Erschwerend kommt nun die Einmischung der Angepassten und Eingeborenen in Ohrdruf hinzu. Wie in vielen der ostzonalen und in der Tristesse ausgesetzten Kühdörfern gründete sich ein „Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit“, sowie ein sogenannter Runder Tisch um mit den Naziaufmärschen beziehungsweise der “Flüchtlingsproblematik” umzugehen. Und genau hier beginnt für uns das Problem.
Ein kurzer Überblick
Anfang des Jahres beginnt die Debatte im Ohrdrufer Stadtrat über die Möglichkeit der Unterbringung von Geflüchteten im Stadtgebiet. Dies geschiet jedoch nicht um Solidarität mit Geflüchteten zu leben, sondern aus der Erkenntnis heraus, dass Ohrdruf bei der “Flut” von „Asylanten“ nicht verschont bleiben würde.
Als dann am 05. März die erste Nazi-Demo, organisiert durch „Pro Ohrdruf“ mit bis zu 100 Personen durch die Stadt marodiert, zerstückeln sich die Nazis gleich selbst. Grund dafür sind die katastrophalen Redebeiträge unter anderem von Eike Stegmann (Pro Ohrdruf). Währenddessen versorgt Volker Kühn (Stadtrat, WfO) die Nazis mit Bratwürstchen. Aus Einsicht über die eigene Unfähigkeit distanziert sich „Pro Ohrdruf” anschließend von der eigenen Demo. Diesem Bruch der Rassisten ist es wohl geschuldet, dass an der zweiten Nazidemo am 21. März nur etwa 45 Personen teilnehmen.
Am 16. April wird dann in einer nichtöffentlichen Stadtratssitzung die Vermietung des Wohnheims der ehemaligen Berufsschule am Arsch der Stadt mit maximal 120 Plätzen zur Unterbringung Geflüchteter mehrheitlich und in geheimer Wahl beschlossen.
Am 27. April mobilisiert „THÜGIDA“ rund 150 Personen zu einer Demo durch Ohrdruf. Erstmals gibt es eine Gegenkundgebung durch das „Ohrdrufer Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit“. Volker Kühn (bereits genannter Stadtrat der WfO) hat diesmal seinen Bratwurststand auf der Gegenkundgebung aufgebaut – ein geborener Bratwurst(anti)faschist. Die Bürgermeisterin spricht davon dass es in Ohrdruf keine Nazis gäbe – das bunte Ohrdruf wird beschworen.
Aufgrund der Nutzung des Übungslagers auf dem Standortübungsplatz der Bundeswehr in Ohrdruf als Außenstelle der Erstaufnahme wird am 20. August eine nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates zusammengerufen. Diese Sitzung, welcher auch Bundeswehr, Polizei, der Landrat Konrad Gießmann und das Thüringer Landesverwaltungsamt beiwohnen, gleicht einem “Krisentreffen” besorgter Deutscher. Ab diesem Zeitpunkt wird der Runde Tisch aktiv, indem eben auch einige empörte Stadträte sitzen. Eben jene Stadträte deren Meinung je nach dem Gegenüber, sagen wir mal, sehr felxibel ist.
Die Wertegemeinschaft kämpft um das Image
Da sich das „Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit“, dass ja eigentlich als Gegenpol zu den angesprochenen Naziaufmärschen gegründet wurde, partout nicht für Refugees positionieren wollte und auch sonst von Geflüchteten nichts wissen will, passt genau zu der Einschätzung die wir von Ohrdruf oder im Allgemeinen von eben solchen Drecksnestern haben. In diesen Bündnissen wird nicht etwa deshalb gegen Nazis demonstriert und gewirkt um Menschen gegen den Terror von Nazis zu schützen und die Nazis in ihrem Tun zu stören. Vielmehr steht hier die Imagepflege im Vordergrund. Massiv wird versucht abzuwehren was allen klar ist: Ohrdruf ist ein braunes Kaff. Dieser Versuch ist für uns genauso vergeblich wie absurd. Um die von uns ebenfalls abgelehnte Imagepflege zu betreiben müsste erstmal ein Image vorhanden sein. Ehrlich gesagt intressiert sich doch niemand für die Einöde dieser Stadt. Ohrdruf ist eben ein Kaff neben tausend anderen irgendwo zwischen Gotha und Arnstadt. Auch die Konzerne im hiesigen Gewerbegebiet werden davon nicht abgeschreckt. In der politischen Ökonomie geht es nicht um den Ruf eines Standortes, sondern darum wieviel Mehrwert mit den Menschen und dem Standort erzeugt werden kann. Da Ohrdruf eben nichts zu bieten hat sind die Preise für Grundstücke niedrig und die Menschen (da es ja sonst nichts gibt) gewillt wenigstens einen Arbeitsplatz zu haben. Deshalb keine Sorge, euch bleiben Hermes, Storck und die Zwiebackbude von Brandt erhalten, egal wie scheiße ihr seid.
Dass sich in dieser Stadt niemand für Geflüchtete, sondern eher um verschiedene Images und Positionen interessiert, kann im gemeinschaftsstiftenden Moment der Gesinnungen vermutet werden. Wenn eben keine Geflüchteten als Projektionsfläche für die eigene Hilflosigkeit in den Bedingungen da wären, würde der Mob eben machen was er schon ewig macht – sich gegenseitig an den Hals springen. Die eigene Sinnlosigkeit im kapitalistischen Gefüge wird eben nur unterschwellig gefühlt, jedoch nicht als problematisches Verhältnis wahrgenommen. Dementsprechend bietet die Verfolgung und Diffamierung anderer Menscheneine klassische Aufwertung des eigenen Ichs. Dieses findet eben nicht nur bei den Nazis von „Pro Ohrdruf” oder dem „Bündnis Zukunft Landkreis Gotha” statt, sondern auch beim „Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit“ und dem „Runden Tisch“. Wäre es nicht so würden die Bedingungen, die eben zu jenem armseligen Leben, dessen mensch selbst frönt, erkannt werden und in erster Linie erstmal ein Solidarisierungsprozess mit Geflüchteten stattfinden.
Deutschtümmelei als vermeintliche Begegnung
Am 21. November wurde in Ohrdruf ein Begegnungsfest gefeiert, dass an Absurdität kaum zu überbieten war. Ziel des 4.500,- € teuren Festes war es den Geflüchteten die „deutsche Kultur näher zu bringen“ und „Nachbarn kennen zu lernen“. Im MannaMannaKirchenladen wird deutlich was unter dieser Annäherung zu verstehen ist. Hier werden gespendete Klamotten an Geflüchtete verkauft. Ganz im Sinne der kirchlichen Nächstenliebe muss den Geflüchteten eben auch beigebracht werden dass Deutschland nicht das Land ist in dem Milch und Honig die Bäche herunterfließt und der Deutsche auf dem Schäferhund in den Sonnenuntergang reitet. Vorallem aber: hier kostet alles etwas. Das sich hinter der deutschen Kultur nichts anderes verbirgt als die Logik eines nationalistischen Kapitalverhältnisses erklärt sich daraus, dass die Geflüchteten als Dümmliche und Halbwilde angesehen werden, denen nicht einmal das Wissen über das Prinzip des Einkaufs zugetraut wird. Die Geflüchteten werden wie so oft – ganz im Sinne des Volkes – im Zwangskollektiv nicht als Menschen wahrgenommen sondern als Aussenstehende. Ziel des Festes war es demnach nicht diese Menschen als individuelle Wesen kennenzulernen, sondern sie in die nationale Wirtschaft einzufügen. Die Geflüchteten sollen eben, so als wären die Lebensbedingungen des Kapitalismus in anderen Teilen der Welt nicht gegeben, in jenes staatsvergötternde, arbeitsverherrlichende und irrationale Verhältnis assimiliert werden.
Ein Fazit zieht der Stadtrat Thomas Kratsch (CDU, Fraktionsvorsitzender) nach dem Fest in einem Post auf Facebook mit den Worten: „Ich bin stolz darauf, ein Deutscher zu sein“. Es zeigt sich exemplarisch die ekelhafte Fratze ach so “engagierter” Eingeborener.
Uns bleibt also gar nichts anderes übrig als diese bürgerlich-nationale Kartoffelrunde abzulehnen und auch zukünftig weiter zu beobachten.
In diesem Sinne, schwarze Blöcke statt runde Tische!