10.10.2015 “Es reicht, ya basta, it’s enough, كافيةأنها – Antirassistische Demonstration Gotha – AUFRUF

Hier nun der komplette Aufruf für Samstag.

PlakatDie Ekelhaftigkeit der deutschen Realität hat nun auch die westthüringische Provinz, in und um Gotha, erreicht. Die Maske ist gefallen. Nazis, Rassisten und ein wütend tobender Bürgermob Hand in Hand. Die Unterschicht, als auch die Mittel- und Oberschicht, haben „Angst“ um ihr Hab und Gut. Die deutsche Einheit jährt sich zum 25. Mal, und die Krawalle von Rostock-Lichtenhagen „feierten“ auch vor kurzem ihren 23. Geburtstag. Damals hatte die deutsche Politik nichts besser zu tun, als sich um das Image des „ausländerfreundlichen Deutschlands“ zu kümmern. Infolgedessen wurde das Asylrecht verschärft. Ein Geschenk an den damaligen Mob.

Heute werden wieder Geflüchtetenunterkünfte angezündet. In Friemar (b.Gotha), in der Nacht der deutschen Einheit, verspürten 10 Geflüchtete (darunter 6 Kinder!!!) Todesangst, als die Dixitoiletten neben der Turnhalle und damit auch die Turnhalle, in der sie untergebracht waren, angezündet wurden. In Gotha, verschleiert durch die ansässige Polizei und Politik, zündeten im Sommer Deutsche eine Reklametafel, vor einer Unterkunft, an.

Währenddessen marschiert die AfD mit tausenden Leuten durch die Landeshauptstadt Erfurt. Geduldet unter ihrer Gefolgschaft laufen gewalttätige Nazihools, welche prügelnd durch die Straßen ziehen. CSU Politiker fordern den Bau eines Zaunes, und eine immer größer werdende Masse sympathisiert mit den Schlägern von der NPD, oder den geistigen Brandstiftern der AfD.

Ist die deutsche Einheitsmasse in den 30 er Jahren auf die Propaganda der damaligen Nazis reingefallen, so tut sie es heute ebenso. Es wird nichts hinterfragt, jede dumme Kleinigkeit wird geglaubt, weiterverbreitet und umgedeutet zur eigenen Nützlichkeit. Die Angst vor dem Fremden, dem Ungewohnten nimmt immer größere Ausmaße an. Aus der vermeintlichen „Besorgnis“ folgt die Angst, und aus der Angst folgt der Hass. Nun ist es einfach, den bestehenden kapitalistischen Verhältnissen und der Konkurrenzgesellschaft den schwarzen Peter zuzuschieben, und selbstverständlich spielen jene eine große Rolle, in der Entwicklung der rassistischen und antisemitischen Phänomene. Allerdings bedarf es auch keiner großartigen Intelligenz zu verstehen, dass Herkunft, Nationalität, Abstammung und Grenzen, einfach zufällig bzw. willkürlich festgelegte Dinge sind. Insofern darf Kapitalismuskritik nicht die Lösung für alles sein, vielmehr geht es darum den rassistischen Mob Einhalt zu gebieten.
Mit einer Entspannung der Lage ist nicht zu rechnen. Die Zustände und Vorfälle in den Geflüchtetenunterkünften in Ohrdruf, Friemar, Gotha und Waltershausen bestätigen dies. Es ist Zeit die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Es ist Zeit auf die Straße zu gehen, Geflüchtete zu unterstützen und dem rassistischen Mob, in jeder Lebenslage und Situation, zu zeigen was von ihnen zu halten ist: NICHTS!

Waltershausen

Am 14. September demonstrierte die NPD durch Waltershausen. Etwa 500 – 700 Menschen schlossen sich der Naziveranstaltung an. Organisierte Neonazis aus NPD und dem Kameradschaftsumfeld, Seite an Seite mit “besogten Bürger_innen” jeden Alters.
Wichtige Mobilisierungshilfe bekam die NPD aus den Reihen der CDU. Während der Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski (CDU) keine Gelegenheit auslässt um die Flüchtlingspolitik in Thüringen zu kritisieren, geht sein Parteikollege Landrat Konrad Gießmann genau nach dem Muster vor, welches Tankret so gerne anprangert. Die Öffentlichkeit wird nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen, es fehlt jegliche Transparenz gerade in der Wahl der Unterkünfte, die Bekanntgabe erfolgt so spät wie möglich.
Dass der Landrat so vorgeht mag damit zusammenhängen, dass er es den “besorgten Bürger-Terroristen” erschweren will, die Unterkünfte vor dem Bezugstermin abzufackeln oder unter Wasser zu setzen. Aber ob bewohnt oder unbewohnt, scheint der brandschatzenden “Asylkritiker”-Fraktion kaum noch wichtig zu sein.
In Waltershausen wollte Landrat Konrad nun die Gelegenheit nutzen eine Schulschließung die für 2016 angesetzt war, kurzfristig vorzuziehen und so nicht mehr selbst für die unliebsame Entscheidung verantwortlich zu sein, sondern die Flüchtlinge als “Sündenböcke” vorzuschieben. Eine Schulschließung 2016 hätte etwa 60 Schüler_innen und deren Eltern betroffen, vielleicht hätten die sogar dagegen demonstriert. Aber höchstwahrscheinlich ohne NPD und die hunderten Mitdemonstranten vom 14. September.
Während Tankret also versucht das Thema für sich zu vereinnahmen und sich als derjenige präsentiert der die “Sorgen und Ängste” ernst nehmen will, versucht Konrad die Flüchtlinge vorzuschieben, um unliebsame Entscheidungen durchzusetzen. Oder er tut einfach das, was am “einfachsten” geht und tingelt von Turnhalle zu Turnhalle. Was beide damit erreichen ist, dass die Stimmung immer weiter kippt. Profitieren werden vor allem AfD und NPD. Leiden werden darunter wohl in erster Linie die Geflüchteten, untergebracht in ungeeigneten Sammelunterkünften und Turnhallen, umgeben von einer Bevölkerung deren Ablehnung gerade in blanken Hass umschlägt. Und während der Mob Brandsätze bastelt, fordert Tankret schnellere Abschiebungen und Höcke, Kammler und Co fiebern der nächsten Wahl bzw. der nationalen Revolution entgegen.

Am 24.10.2015 wird es erneut eine Demonstration zu dem Thema „Waltershausen wehrt sich – Für den Erhalt der Förderschule!“. Ob dies wieder in eine, von dumm schwätzenden NPD Spinnern unterwanderte Demonstration ausartet, wird sich heraus stellen. Doch eines wird wahrscheinlich Konsens sein, im Wutbürgergetümmel, schuld sind die Geflücheteten.
Wir fordern ein Ende dieser politischen Kälte!
Leerstand, ob in Gotha, Waltershausen oder sonst wo,gibt es massenweise, um ihn in Wohn- und Lebensraum umzuwandeln.

Ohrdruf – ein Fass ohne Boden

Seit einiger Zeit sind in Ohrdruf (Landkreis Gotha) Geflüchtete in der ehemaligen Bundeswehrkaserne, auf dem ehemaligen „Truppenübungsplatz“, untergebracht. Dass ein Großteil der ortsansässigen Bevölkerung, zumindest latent, rechte Einstellungen hat, und die Naziszene seit den späten 90ern dort einen Anlaufpunkt bietet, ist bekannt. Die neuesten Entwicklungen in Ohrdruf, lassen einem den Atem vor Wut jedoch stocken. Es ist die Mischung aus institutionalisiertem Rassismus, einer zutiefst feindlichen Bevölkerung und den traurig dramatischen Bedingungen in der Erstaufnahmestelle.

Als im August diesen Jahres die ersten Geflüchteten in der Bundeswehrkaserne ankamen gründete sich fast Zeitgleich die ältere Gruppe “Pro Ohrdruf” neu. Initiiert wird sie von Eike Stegmann und weiteren bekannten Gesichtern aus der Naziszene in Ohrdruf. Die Panik der Eingeborenen aus Ohrdrufer steigerte sich ins Unermessliche. Seitdem können Geflüchtete in Ohrdruf kaum einen Fuß vor die Tür setzen, ohne dabei von den Mitgliedern der Gruppe “Pro Ohrdruf” fotografiert, denunziert oder überwacht zu werden. Alles Schlechte in dieser Stadt wird a priori den Geflüchteten in die Schuhe geschoben. Aus diesem Anlass gründete sich eine “Bürgerwehr”. Ganz nach dem Prinzip “Wir werden euch hier schon weg ekeln!”, soll für Ordnung gesorgt werden.
Nicht nur die Lage der “besorgten Bürger” (Rassisten) sorgt für die Unerträglichkeit der Situation in Ohrdruf – es ist die Erstaufnahmestelle selbst. Seit Wochen wird die Verpflegung der Geflüchteten immer schlechter. Es gibt meistens nur Suppe (ohne Brot), Kartoffeln mit Soße oder Brei. Die Art des Essens ist ein menschenverachtender deutscher Witz. Dazu kommt, dass die Geflüchteten nicht einmal davon genug bekommen und müssen teilweise hungern. In Ohrdruf hat die Zahl 4, welche in letzter Zeit des Öfteren als Abkürzung für „Deutschland den Deutschen“ herhalten muss, eine ähnliche Bedeutung: der Arzt kommt nur alle vier Wochen und dann werden nur vier Menschen behandelt. Vier Personen in vier Wochen. Nochmal angemerkt: dort leben momentan mehrere hundert Menschen. Die Zeiten in denen in Deutschland niemand mehr an einer Grippe sterben musste sind somit offiziell von den Verantwortlichen als „das war einmal“ abgestempelt worden. Hinzu kommt erschwerend noch, dass es in der Erstaufnahmestelle keine Möglichkeit gibt Wäsche zu waschen. Die Geflüchteten sind gezwungen ihre Klamotten mit der Hand zu waschen und sie irgendwo aufzuhängen. Genau hier verbirgt sich das nächste Problem: Geld zum Waschmittel kaufen, haben sie momentan ebenfalls nicht. Die Geldausgabe der dürftigen 135€ pro Monat, wurde diesen Monat schon mehrfach nach hinten verschoben und ist zum jetzigen Stand noch nicht erfolgt.

Damit nicht genug: die Securitys der Firma Distelkam aus Chemnitz erfüllen so ziemlich jedes Klischee von vermeintlichen Machtpersonen. Wenn sie nicht gerade Nachts in der Erstaufnahmestelle Partys feiern, verbreiten sie Angst und Schrecken unter den Geflüchteten. Wenn sich jemand über die schlechte Situation oder die nächtliche, laute Musik der Securitys beschwert, entgegnen diese mit Sprüchen, wie z.B.: “wir können euch auch abschieben”. Unter den Geflüchteten schaffen diese Aussagen eine Situation der Angst vor Repression oder Abschiebung. Sie sind diesen Leuten schutzlos ausgeliefert. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Menschen die vor Krieg, religiöser Verfolgung, Elend und Patriarchat geflohen sind, im reichen Europa und in diesem Fall ganz speziell in Ohrdruf, behandelt werden wie Ratten in Löchern voller Scheiße. Eine unzumutbare, unmenschliche, nicht verständliche und zutiefst traurige Situation die nicht hinnehmbar ist. Wir fordern schnellstens die Bedingungen zu verbessern und eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen.

Friemar

In der Nacht von Samstag auf Sonntag brannte in Friemar eine Turnhalle in der zu dem Zeitpunkt 11 Geflüchtete untergebracht waren. Das Feuer wurde in den mobilen Toiletten außerhalb gelegt, und griff auf die Turnhalle über.
Anwohner_innen begannen den Brand mit Feuerlöschern zu bekämpfen, die Feuerwehr war schnell vor Ort, die Geflüchteten sind körperlich unverletzt geblieben und der Schaden an der Turnhalle ist überschaubar.
Die Fahndung lief natürlich wieder “in alle Richtungen” und nach einem Motiv wurde gesucht. Da wir jedoch nicht so blind und uneingenommen wie die Polizei sind, wissen wir sehr wohl das Nazis/Rassisten das Feuer gelegt haben (schließlich gehen derart mobile Toiletten, welche keinen Stromanschluß haben nicht “aus technischen Gründen” in Flammen auf) und somit einen Brandanschlag auf 11 Menschen (7 Kinder, 4 Erwachsene) verübt haben. Ob der Tod dieser Menschen lediglich „in Kauf genommen“ oder aber beabsichtigt war macht keinen Unterschied.

Dieser Brandanschlag war nicht der erste und nicht der letzte in Deutschland. Es geht hier nicht mehr um Meinungsfreiheit, sondern um Leben und Tod. Dies werden wir nicht unkommentiert passieren lassen. Gegen Deutschland und seine Nazis (inkl. denen, die denken, sie wären keine)!