Am 05. März fand die erste Demonstration gegen die geplante Unterbringung von Geflüchteten in Ohrdruf statt. Momentan führen Stadt und Landrat Gespräche über die Unterbringung von bis zu 100 Menschen in einem ehemaligen Lehrlingswohnheim am Stadtrand.
Nachdem es um Ohrdruf die letzten Jahre recht ruhig war, reichte schon die Ankündigung einer Unterbringung von Geflüchteten, um einen kollektiven virtuellen Wutausbruch zu entfachen. Auf Facebook überschlagen sich die Ängste, der Hass, der Sozialneid und die verschiedenen praktischen Abwehrmöglichkeiten gegen die Mitmenschen die etwas weiter weg das Licht der Welt erblickt haben. Recht zügig schafften es die besorgten Ohrdrufer_innen ihre Menschenfeindlichkeit aus der virtuellen Welt auf die Straße zu übertragen.
Ab 19 Uhr versammelten sich so nach und nach etwa 80 bis max. 100 Menschen auf dem Marktplatz vor dem Rathaus, um von dort aus einmal durch das Städtchen zu ziehen. Auf der Auftaktkundgebung gab es drei Redebeiträge. Die ersten zwei Redner stammten aus dem lokalen Rassistenreservoir von „Pro Ohrdruf“. Den beiden Reden lag ein gewisser verbaler Slapstick inne, das Publikum wusste trotzdem fast immer wann es empört JA oder NEIN rufen sollte. Aufgelockert wurden die holprigen Reden durch kollektives „Wir sind das Volk“ und „Lügenpresse“ Skandieren. Der dritte Redner war der NPDler David Köckert aus Greiz. Wer schon einmal das zweifelhafte Glück hatte dem Mitglied des NPD-Landesvorstands zu lauschen, kann beim nächsten Absatz weiterlesen. Für alle anderen: Der arme David wurde leider viel zu spät geboren. Sein Stil erinnert an die Altvorderen seines Schlages. Und irgendwie erwartet man instinktiv immer die Frage nach dem totalen Krieg im nächsten Satz entgegengebrüllt zu bekommen. Bei dem fehlt eigentlich nur noch das passende Outfit, braunes Hemd, so ne komische ausgebeulte Hose, die Stiefel, und die Sache wäre perfekt.
Einige Ohrdrufer_innen schreckte das aber nicht ab, und so formierte sich der Demonstrationszug der „rechten Zivilgesellschaft“. Die Demospitze bestand aus „Pro Ohrdrufern“ und Mitgliedern der Kameradschaft „Bündnis Zukunft Landkreis Gotha“. Mindestens ein Demo-Ordner war der Kameradschaft zuzurechnen. Ebenfalls mit dabei war Marco „die Krücke“ Zint aus Gotha, der altgediente Neonazi (aktiv seit den 90ern) und ehemalige HJ-Bewohner (Hausgemeinschaft Jonastal), ob er die ganze Demostrecke geschafft hat ist nicht bekannt.
Beendet wurde die Veranstaltung wieder am Marktplatz, und ebenso wie bei Sügida, gab es zum Abschluss eine open-mic-Session. Vergleichbar etwa mit dem Kommentarbereich bei Facebook, nur eben zum Hören. Hier gab es noch einen Gastbeitrag vom Arnstädter Pendant.
Die Zusammensetzung der Demo dürfte in etwa der Sügida-Zusammensetzung entsprechen. Ein hoher Nazi-Anteil, aber anstatt schwarzen oder schwarz-weiß-roten Fahnen eben mit Deutschlandfahne in der Hand (ist ja eh nah beieinander). Und eben diese merkwürdigen „besorgten Bürger“.
Einziger Lichtblick war der Störversuch während der Rede von David Köckert. Sollten es für den/die Unbekannte_n irgendwelche Konsequenzen geben (egal ob von den Ohrdrufer Ureinwohnern oder Polizei und Justiz), kann er oder sie sich gerne bei uns melden, und wir werden mit Rat und Tat aushelfen. Weiterhin stellen wir eine rückwirkende Mitgliedschaft in Aussicht, und damit verbunden die Auszahlung des vollen Stundenlohns + Sonderzulagen für herausragendes Engagement.
So wie die Stimmung vor Ort ist, wird das wohl nicht die letzte Aktion der Ohrdrufer Rassisten gewesen sein. Wir sind gespannt, wie viele „besorgte Bürger“ am 18. April, durch eine Teilnahme an der Nazidemo in Gotha, in die Kategorie „Neonazi“ umsortiert werden müssen.