Die Besetzung der Carl-Zeiss-Straße Nr. 11 ist beendet. Für 23 Stunden wurde ein ansonsten leer stehendes und vor sich hin gammelndes Gebäude von Menschen genutzt. Der formalen „Eigentümerin“ der Jenaer Uniklinik war das aber nicht so recht. Ist schließlich ihr Häuschen, und wenn sie es eben nicht benutzen will, dann darf es auch sonst niemand. Ganz im Sinne von Art 14 (GG) (Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.), lässt sich die Polizei vor den Karren spannen. Dem Eigentum verpflichtet, wird notfalls auch Gewalt angewendet. Und wenn der Eigentümer sein Eigentum eben vergammeln lassen will, dann ist das halt so.
Kurzum: Die Polizei eroberte das Gebäude zurück, und übergab es wieder der Eigentümerin, auf das es weiter ungenutzt verfallen kann. Die Tante / der Onkel vom Verfassungsschutz bastelt sicherlich schon an seinem / ihrem Drei-Zeiler zu den bösen Linksextremisten für die Monatschronik. Und auch die TA kann mal was Spannendes berichten. Wildes Großstadtflair in Jena, na wenn das mal kein Standortfaktor im Wettbewerb um junge, gut alsgebildete und flexible Arbeitnehmer_innen ist.
Der Artikel der TA ist nicht wirklich interessant. Etwas mehr geben da schon die Kommentare der Leserschaft her. Gerade in Jena fällt das Thema „Recht auf Stadt“ auf fruchtbaren Boden. Droggelbecher etwa schreibt: Mal ehrlich, die Besetzer sind doch wirklich nur verpeilte Spinner, die keinen zusammenhängenden Gedanken formulieren können und mit wirrer Kapitalismuskritik rechtfertigen, dass sie etwas haben wollen ohne dafür etwas zu leisten. Trotzdem hat mir die Party gefallen und ich war mal wieder richtig stolz auf unsere kleine Großstadt. Immerhin haben solche Reibereien auch gute Seiten. Sie führen nämlich dazu, dass die Menschen über Themen nachzudenken beginnen. Vielleicht nicht unbedingt darüber, wie toll es wäre, wenn wir die blöde Arbeit abschaffen und alle sich einfach nehmen, was sie wollen, aber vielleicht machen wir uns ja jetzt mal ernsthaft Gedanken darüber, warum in Jena seit Jahren nur noch Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand entwickelt werden und der Bau von preiswerten Geschossmietwohnungen im Innenstadtbereich völlig zum Erliegen gekommen ist.
Auch wenn der erste Teil vielleicht etwas hart klingen mag. Aber ganz offensichtlich gelingt es nicht eine antikapitalistische Kritik am Bestehenden zu formulieren, geschweige denn zu vermitteln. Naja, wenn die (links)alternative Szene was drauf hat, dann Partys zu feiern. Das ist ja auch gut und wichtig, nur schade wenn es ausschließlich dabei bleibt. Oh, und zu dem Teil mit den Einfamilienhäusern: Dass ist nun mal im Kapitalismus so. Da stecken keine bösen Pläne dahinter. Es wird dass passieren was profitabler ist. Keine Absicht, keine Moral, keine Gemeinheit, reine Mathematik. Da gibt es nichts zu reformieren.
An dieser Stelle wollen wir den Jenaer Freiraum-Aktivist_innen alles Gute, und vor allem einen langen Atem wünschen.
Leerstand aneignen! Her mit dem schönen Leben!