Den Burgfrieden brechen! (Kahla) – Demobericht

Gegenteiltag für die Antifa

VLUU L200  / Samsung L200 Am Samstag den 21.06. fand im braunen Jenaer Vorort Kahla die Auftaktdemo der Kampagne „Den Burgfrieden brechen! Gegen rechte Hegemonie vorgehen!“ statt. Dass es in Kahla recht ungemütlich zugeht war uns nach der Lektüre von naziskahla.wordpress.com und der Mobiseite der Kampagne burgfriedenbrechen.blogsport.eu eigentlich klar. Der Nachmittag in Kahla ließ dann aber doch unwillkürlich längst vergessen geglaubte Kindheitserinnerungen aufkommen. In Kahla war, für uns als „Besucher_innen“: Gegenteiltag.

Für die Leute die dort leben (müssen) ist dass wohl trauriger Alltag. Mit dem sich die meisten Einwohner, wie es scheint, allerdings ganz gut arrangiert haben. Mensch kennt ja den Ablauf von Antifa-Demos. Auf Kahla traf das jedoch ganz und gar nicht zu – hier ist alles etwas anders. Und bei dem Gedanken lief einem unwillkürlich ein kalter Schauer über den Rücken: So müssen sich Nazis fühlen wenn sie irgendwo demonstrieren. Bereits am Auftaktort vor dem recht trostlosen Kahlaer Bahnhof erwarteten uns die ersten Anti-Antifa-Fotografen. Anderswo machen Graffitis graue Wände bunter – in Kahla eben braune Wände noch brauner.

Selbst für Thüringer Verhältnisse war unsere Demo recht überschaubar, sie hatte in etwa die Größe einer … (der nächste kalte Schauer) Thüringer Nazidemo. Während über den Lauti permanent Durchsagen wie „dort in der roten Jacke fotografiert Neonazi X“, oder „in dem Haus links wohnt Neonazi Y“ durchgegeben wurden, bewegte sich die Demo langsam in Richtung des braunen Hausprojektes „Burg 19“. Recht schnell wurde klar dass es in Kahla keine „Zivilgesellschaft“ im herkömmlichen Sinne gibt. Wie die Mehrheitsgesellschaft in diesem beschaulichen Nest am Fuße der Leuchtenburg tickt, wurde uns recht deutlich mitgeteilt. Wer nicht dabei war kann sich sein eigenes Bild aus diversen Indizien selbst zusammenbasteln. Verwiesen sei etwa auf die Äußerungen des CDU´lers Frank Hellwig in der OTZ zum Ergebnis und den Konsequenzen der Stadtratswahl. Da die Wahl ja demokratisch abgelaufen sei, fordert er einen ganz normalen Umgang mit den neuen braunen Stadträten, ganz ohne jede Diskrepanz. Das ist selbst für die „schwärzeren“ Teile der CDU eher ungewöhnlich. Aber Geschichte wiederholt sich eben. Eine offene Zusammenarbeit von bürgerlich-konservativen Kräften, mit faschistischen – heute eben neofaschistischen Kräften, in Kahla kein Problem. Und so verwundert es auch nicht, wenn in Kahla Oliver Noack (CDU-Stadtrat) auch privat ein recht gutes Verhältnis zu den militanten Neonazis hat. Noack, Organisator der „Interessengemeinschaft Lachebrücke“ lässt sich bereitwillig von den Neonazis rund um das „FN-Kahla“ unterstützen. So traten die Kahlaer Nazis beim jährlichen „Rudolf-Hess-Gedenkturnier“ (Fußball) mit einheitlichen T-Shirts mit der Aufschrift „Lachebrücke Kahla“ auf. Distanzierung seitens der Interessengemeinschaft, oder des CDU-Stadtrats? Fehlanzeige. In Kahla ist eben 365 Tage im Jahr Gegenteiltag.

So verwundert es auch nicht das die Redebeiträge in Kahla sich gänzlich mit den vorhandenen Neonazistrukturen beschäftigten, und nicht wie anderswo, eine Ursachen- und Gesellschaftskritik vorgetragen wurde. Wenn die Akzeptanz der Gesellschaft soweit vorangeschritten ist wie dort, ist eine aktive Intervention erst einmal der Ursachenforschung vorzuziehen. Denn so bestaunten die Einwohner die Antifademo hinter den Fenstern ihrer Plattenbaufassaden, und versteckten sich hinter ihren Deutschlandfähnchen. Wieder einmal waren, in typisch deutscher Manier, die die Störenfriede, welche auf ein Problem aufmerksam machen, und nicht der antisemitische und rassistische Mob, bestehend aus dem Zusammenschluss von hohlköpfigen Hinterlandnazis, und hohlköpfigen deutschen Einwohnern. Denn aus Kahla erschien, außer den vielen Fotografen, keiner zur Demo.

Der traurige Höhepunkt des Tages war die „Burg 19“. Davor eine illustre Gruppe „Gegendemonstranten“, mit eigens angefertigten Papp-Schildern. Bedauerlicherweise nur recht lieblos mit Filzstift beschrieben. Was die „braune Zivilgesellschaft“ uns mitteilen wollte bleibt vorerst ein Rätsel. Auch das zweite Mal als die Demo die „Burg 19“ passierte ließen sich die Schildchen nicht entziffern. Naja, vielleicht das nächste Mal… Der Rückweg zum Bahnhof war geprägt von Anti-Antifa-Fotografen, Nazigrüppchen die versuchten an die Demo heranzukommen. Rund um den Bahnhof Neonazis, teils zu Fuß, teils voll besetzte Autos und die Thüringer BFE. Die Demo selbst verlief, abgesehen vom braunen Gegenwind, ohne irgendwelche Vorkommnisse.

Abschließend ein großes Dankeschön an die Jungs und Mädels von der BFE. Dass Gefühl in ein bösartiges Parallel-Universum geraten zu sein, in dem alles anders ist, verschwand in dem Augenblick als die BFE ihr Standard-Programm durchzog, und Leute aus der Abschluss-Kundgebung herauszog. Endlich wieder etwas berechenbares, endlich wieder zurück in der ganz normalen Katastrophe. Der Vorwurf lautete wohl (Trommelwirbel): Vermummung. Wer in Kahla gegen Neonazis demonstriert, und nicht wie der deutsche Mob einfach nur stillschweigend akzeptiert oder gar toleriert, muss seine/ihre Identität eben diesen Neonazis preisgeben. Was diese Leute mit Menschen machen, die auf ihrer Abschussliste stehen, ist bekannt: Einschüchterungen, körperliche Angriffe bis hin zum versuchten Totschlag und Brandanschlägen. Aber wenigstens war mensch wieder in der Normalität. Die mag zwar schrecklich genug sein. Aber wie der Nachmittag in Kahla gezeigt hat: Es geht noch viel viel schrecklicher. Solltet ihr von der polizeilichen Maßnahme betroffen gewesen sein, und Post bekommen, wendet euch an euere lokalen Antirepressionsgruppen, z.B. der Roten Hilfe ( rotehilfejena.blogsport.de ), oder an eueren lokalen Antifagruppen, welche euch sicherlich mit zur Seite stehen.

In diesem Sinne an alle “Kahlsche”: wenn es sein muss kommen wir immer wieder, um euch und euere Nazis in der deutschen Normalität zu stören. Ihr bietet den Nährboden für antisemitische, rassistische, sexistische und homophobe Mörderbanden und Schlägertrupps. Und auch wenn es unwahrscheinlich ist: vielleicht findet der Mossad ja doch mal den Weg zu Euch.

Kahla einbetonieren!
Nie wieder Deutschland!