Die sind das „Volk“

DasVolkAm Sonntag, den 9.11. versammelten sich auf dem Domplatz in Erfurt etwa 4.000 Menschen, um gegen eine mögliche rot-rot-grüne Landesregierung zu demonstrieren. Die zu Recht (allerdings aus vollkommen anderen Gründen) von Abstiegsängsten getriebene Mittelschicht formierte sich, unterstützt von ihren historischen Verbündeten, zu einem für Thüringer Verhältnisse recht imposanten Protest.

Gauck und Merkel haben die Stoßrichtung vorgegeben. Die alte kommunistische Parole „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ erlebt am Jahrestag der Reichspogromnacht ein reaktionäres Comeback. Dass Demokratie doof ist, wenn man selbst nach der Wahl nicht das Sagen hat, merken langsam auch die Fans der CDU. Immerhin stellt die CDU die größte Fraktion im Landtag, 17,65% aller Wahlberechtigten gaben der CDU ihre Stimme. Da kann man schon selbstbewusst einen Machtanspruch formulieren, und dem ganzen auf der Straße etwas Nachdruck verleihen.

Das Schreckgespenst der „kommunistischen Machtergreifung“ wird aus der Mottenkiste geholt. Sollte die Regierungsbildung von Linke, SPD und Grünen scheitern kann sich Bodo Ramelow wohl schon auf seine bevorstehende Abschiebung vorbereiten. Die skandierten Parolen reichten von „Wir sind das Volk“ über „Schande, Schande“ bis hin zu „Bodo geh´ heim!“. Zum „Volk“ gehören die CDU-Anhängerschaft, das AfD-Umfeld und die Schmuddelkinder aus der NPD-Ecke. Nicht dazu gehört Bodo, der soll nach Hause gehen, zurück zu seinem Volk den Hessen. Die Wähler_innen der Linken (so sie nicht ausversehen oder unter Drogeneinfluss ihr Kreuz gemacht haben) können dementsprechend natürlich auch nicht zum „Volk“ gehören.

Dass ist aber kein Grund Trübsal zu blasen. Es ist vielmehr ein Fakt den Jede und Jeder akzeptieren sollte. Wenn Clarsen Ratz (Anmelder der Kundgebung), Vertreter der Mittelstandsvereinigung der CDU in Thüringen und damit Profiteur unseres gut ausgebauten Niedriglohnsektors, zum Kampf um den Machterhalt der CDU aufruft. Und dafür der Begriff des „Volks“ in Anschlag gebracht wird, lohnt eine kurze Betrachtung wer oder was sich nach Meinung der Demonstranten hinter diesem Kampfbegriff verbirgt. Dass Volk besteht anscheinend aus Arbeitgeber_innen, der schwindenden Mittelschicht und all den Geringverdienern und Arbeitslosen die sich mit ihrer gesellschaftlichen Rolle und ihren Perspektiven im Krisen-Kapitalismus abgefunden haben. Wer mit der Politik der letzten 25 Jahre und den Entwicklungen so seine Probleme hat, und der „Linken“ seine Stimme gegeben hat wird aus der Volksgemeinschaft geworfen.

Aber liebe Linke-Wähler_innen und Befürworter_innen einer rot-rot-grünen Koalition, nehmt es nicht schwer. Es gibt eben mehr Trennendes als Gemeinsames innerhalb des „Volkes“. Dafür gibt es aber auch mehr Gemeinsames als Trennendes mit Vielen, die von vornherein vom „Volk“ ausgeschlossen sind.