Friedrichroda: Antifa-Demo gegen die Ignoranz (Text: Antifaschistische Aktion Arnstadt-Ilmenau)

In Friedrichroda herrschte am vergangenen Sonntag Ausnahmezustand. Nicht etwa, weil die Nazis dort mal wieder aufmarschierten oder die deutschen Verbrechen kollektiv verharmlost werden sollten – daran hatte man sich am Volkstrauertag gewöhnt –, sondern weil eine antifaschistische Demonstration die besinnliche Ruhe im Fackelschein störte.

Vor beschaulicher Kulisse demonstrierten rund 100 Antifaschist_innen lautstark durch den Thüringer Wald. Nur einige Häuser und Straßen legten die Vermutung nahe, hier könnten auch Menschen wohnen. Ganz wenige Exemplare der Eingeborenen zeigten sich am Wegesrand und verstärkten mit verschränkten Armen, zusammengekniffenen Gesichtern und kopfschüttelnd, was man eh schon wusste: Hier ist die Antifa nicht willkommen. Denn seit Jahren wissen der Bürgermeister und die Lokalpolitik von Friedrichroda sehr genau, wie man erfolgreich mit Traditionsaufmärschen der Nazis umgeht. Man ignoriert sie. Der Erfolg, den sich genannte herbeireden, besteht dann darin, dass es über die Jahre fast jedes Jahr mehr wurden. Die Friedrichrodaer_innen aber, wo sie nicht selbst teilnahmen, versteckten sich in ihren Häusern und nur das gelegentliche Zucken des Vorhanges ließ den Schluss zu, dass es sich bei der Ignoranz nicht doch auch um eine kollektive Wahrnehmungsstörung handelt. Ob in Friedrichroda nun aus Angst, Sympathie, Desinteresse oder Dünkel so gehandelt wird, wissen wir nicht. Es wird sicher alles so seine Rolle spielen. Die bescheidene Öffentlichkeit, namentlich die Lokalpostille aus Gotha, trägt jedenfalls ihren Anteil daran. Die Berichterstattung im Vorfeld und im Nachhinein tendierte gegen Null.
Ein paar Aufrechte fanden sich dann aber doch, die sich millimeterweise vom Friedrichrodaer Ignorantenstadl absetzten, nämlich die Christen der Nachbargemeinde. Da der Pfaffe aus Friedrichroda Parteigänger der Ignoranzstrategie ist, mühte sich eben der Nachbarspfarrer nach Friedrichroda und betrieb im Feuereifer Symbolpolitik, indem er den Nazis ihren Platz weganmeldete und dort eine Singstunde veranstaltete. Die Nazis störte das wenig, der nächste Parkplatz war direkt gegenüber. Aber auch bei den Freund_innen des Bibelkreises um genannten Pfarrer wurde man den Eindruck nicht los, dass es sich bei der Singstunde eher um eine Gegenveranstaltung zur Antifa-Demo handelte. Von einer Dialogbereitschaft, wie das bei dem ganzen Ökumenegedöns immer so heißt, war jedenfalls nichts zu spüren, die Reihen des Singkreises blieben fest geschlossen. Die Devise war: nichts Hören, nichts Sehen, nur Singen. Gott allein wusste warum. Vermutlich hatte man die Atheisten, Agnostiker und Häretiker der Antifa-Demo eh aufgegeben.
So endete die Antifa-Demo nach drei Kundgebungen, fünf Redebeiträgen und viel Lärm, wo sie begonnen hatte und die Bürger der Kleinstadt atmeten auf, dankbar darüber, dass die Polizei verhindert hat, dass die Antifas ihnen den Vorgarten zertreten und sie nun endlich wieder ungestört ihren Helden gedenken oder die Glotze einschalten konnten.