Zumindest knapp über 40% der Gothaer_innen bewegten sich am Sonntag in die Wahllokale. Stadt- und Gemeinderäte, sowie das Europaparlament wollten legitimiert werden. Für rechts außen bot sich für die Kommunalwahl die NPD an, während für das Europaparlament NPD und die AfD um die Gunst der Abstiegsgeängstigten, Rassisten und ewig Gestrigen buhlten. Bei der Kreistagswahl erreichte die NPD im Stadtgebiet im Schnitt 4.2%, dass entspricht immerhin 1892 Menschen. Die Verteilung ist jedoch alles andere als gleichmäßig.
In einigen Wahlbezirken kratzte die NPD an der 10%-Marke, im Wahlbezirk 31 (Gotha Oststadt zwischen Langensalzaer und Pfullendorfer Straße) wurden 10,2% der Stimmen der NPD gegeben. Aber auch in der restlichen Oststadt bis nach Siebleben (8,7% NPD) sind zahlreiche NPD-Sympathisanten wohnhaft. Im Gothaer Westen sieht es für die NPD nicht ganz so gut aus. Lediglich in den Wahlbezirken 11 und 14 knackt die NPD die 5%-Hürde, hier aber auch recht deutlich mit 7% und 9.8%. Im plattenbau-lastigen Innenstadt-Wahlbezirk 2 kommt die NPD auf 9%. Bis hier her alles nicht wirklich überraschend. Da wo die Leute unten angekommen sind braucht die NPD nur noch offene Türen aufstoßen. Einzig der Wahlbezirk 6 sticht hier etwas heraus. Südwestlich des Schlossparks erreichte die NPD 9.3%, und das ganz ohne klischeehaftes Plattenbauumfeld. Dass diese Analyse (Plattenbau = NPD-Wähler) eh zu kurz gegriffen ist, zeigen die Wahlbezirke 12,13,15,16 oder 17.
Bei der Europawahl war dann für jede_n was dabei, zumindest für jeden Fan der unverbindlichen Stellvertreterpolitik. Die neue Konkurrenz machte der NPD sichtlich zu schaffen. Nur noch 3.3% entschieden sich für die NPD. Die AfD erreichte 7.5%, damit liegt Gotha im traurigen bundesweiten Trend. Überdurchschnittliche hohe Ergebnisse erreichte die AfD in den eher „besseren“ Gegenden Gothas. Hier verlor die NPD keine Wähler an die AfD, die hatte sie da eh nicht. In der Innenstadt liegt die AfD bei 8 – 10%. Dort wo die NPD bei den Kreistagswahlen recht stark war (2, 6, 14, 31, 37 und 40) machte ihr die Konkurrenz offensichtlich deutlich zu schaffen. Die Ähnlichkeit der Wahlplakate scheint einige der NPD-Wähler_innen wohl etwas verwirrt zu haben („Wir sind nicht das Sozialamt der Welt“ oder „Wir sind nicht das Weltsozialamt“), und so landeten wohl einige der NPD-Stimmen bei der AfD. Dass es auch ganz anders gehen kann zeigt der Gothaer Nordosten (33 und 38). Schaffte es hier die NPD bei der Kreistagswahl nicht über die 5%, konnten bei der Europawahl 5 – 6% erreicht werden. Während die AfD hier ein ähnliches Ergebnis einfahren konnte. Festzuhalten bleibt dass sich in Gotha etwas mehr als 10% der Menschen für eine rechte oder rechtsradikale Partei entschieden haben. Traurige Spitzenreiter sind die Wahlbezirke 25 und 31, hier konnten beide Parteien zusammen über 16% der Wählerstimmen ergattern.
Besonders interessant, auch in Ballstädt wählten 49 Menschen die NPD (4.5%). Abzüglich der zwei im „Gelben Haus“ gemeldeten Personen, bleibt dann wohl doch eine gewisse Sympathisanten-Szene übrig. Immerhin mindestens 47 “echte” Ballstädter. Auch in Ballstädt gibt es mehr als ein Problemhaus. Und auch in Crawinkel gaben 118 Menschen (5.4%) der NPD ihre Stimme. Ansonsten die üblichen Kandidaten: Döllstädt (8.3%), Gierstädt (12.8%), Großfahner (16.6%), Hörselgau (11.2%). Im gesamten Landkreis fanden sich annähernd 8.000 Menschen, die ihre Stimme der NPD gaben. Bleibt zu hoffen dass die AfD den Einzug der NPD in den Thüringer Landtag im September verhindert, und sich anschließend selbst zerlegt.