Am 06.09. war die Welt für Patrick Wieschke noch in Ordnung. Der Einzug in den Thüringer Landtag schien in greifbarer Nähe. Dass Patrick in seiner Vergangenheit ab und an Leute verprügelte oder sich auch mal an der Sprengung eines Döner-Imbisses versuchte, war länger bekannt. Schien in seiner Wählerschaft aber weitestgehend akzeptiert zu sein. Die Enthüllungen vom Recherche-Blog thueringenrechtsaussen.wordpress.com waren auch noch nicht bis in die Öffentlichkeit vorgedrungen.
Und so konnte die NPD kurz vor der Landtagswahl mit der Eröffnung ihrer neuen Landeszentrale in Eisenach noch einmal ihre Umtriebigkeit zur Schau stellen. Das in der Nähe der Geschwister-Scholl-Schule gelegene Gebäude bietet einen großen Saal, sowie mehrere Büroräume. Mittlerweile wird der Gehweg vor dem Gebäude von einer Kamera überwacht und die Fenster wurden durch Rollläden gesichert. Erworben wurde das Haus nicht direkt von der NPD, sondern über einen Strohmann.
Bei Bier und Schlager feierten die Nationaldoofen ihre weitere Verankerung in Eisenach. Begleitet wurde das Spektakel von etwa 200 Demonstranten aller Couleur. Das gesamte Parteienspektrum, Vertreter_innen von Gewerkschaften und Glaubensgemeinschaften, sowie einigen Antifaschist_innen beteiligten sich am Protest gegen die neue Naziimmobilie.
Die letzte Woche vor der Schicksalswahl verlief dann jedoch denkbar ungünstig für Wieschke. Über den Blog thueringenrechtsaussen wurden Ermittlungsakten der Polizei aus den Jahren 1999 und 2001 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und die eigene Mutter und Schwester zu verkloppen und sich an ein 12-jähriges Mädchen ranzumachen (freundlich umschrieben), überschreitet dann doch so manche rote Linie, selbst bei den Braunen. So ein Nazi hat es aber auch nicht leicht, die einen muss man verprügeln, bei anderen wird es toleriert. Und bei den „falschen Opfern“ kommt sogar die genauso braune Konkurrenz, namentlich Christian Worch (DIE RECHTE), und feuert gegen den nationalen Hoffnungsträger. Die Leaks dieser Ermittlungsakten dürften im Neonazi-Spektrum einige Verunsicherungen ausgelöst haben. Wäre eine „weichgespülte“ NPD vielleicht noch wählbar gewesen, ging das jetzt kaum noch. Die Heckscheibe des eigenen Kleinwagens fordert schließlich „Todesstrafe für Kinderschänder“. Und dann trotzdem das Kreuz bei der NPD machen?
Die AfD hat wohl auch ihren Teil dazu beigetragen. Die Newcomer, irgendwo angesiedelt zwischen Marktradikalismus, deutsch-nationalem und Rechtspopulismus sind dann doch attraktiver. Da kann man endlich mal voller Stolz erzählen wo man sein Kreuz gemacht hat.
Letztlich reichte es nur (trotzdem noch viel zu viel) für magere 3,6%. Die ganzen Plakate, der Spam auf facebook, die vielen Kundgebungen, sogar ein Flugzeug mit Wahlaufruf – alles für die Katz.
Wahlschlappe, veröffentlichte Polizeiakten und Wieschkes Führungsstil führen nun auch innerhalb der Thüringer NPD zu Auseinandersetzungen zwischen Parteibasis und Landesvorstand. Toll.